Gerd Müller ist heute 75 Jahre alt

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Ohne seine Tore wäre Deutschland 1972 nicht Europameister und 1974 nicht Weltmeister geworden – und der FC Bayern München hätte bestimmt auch einige Deutsche Meisterschaften weniger auf seinem Briefkopf stehen. Die Rede ist natürlich von Gerhard „Gerd“ Müller, der heute 75 Jahre alt ist.

Der am 3. November 1945 geborene Gerd Müller, schien von der Natur nicht viel von dem mitbekommen zu haben, was ein Fußball spielender Junge braucht, um ein großer Fußballer zu werden. Er war eher klein, mit gedrungener Figur, hatte verhältnismäßig kurze Beine und war daher auch nicht besonders schnell – und doch sollte aus diesem schüchternen Jungen einer der weltbesten und erfolgreichsten Stürmer aller Zeiten werden.

Von seinem Heimatverein TSV 1861 Nördlingen wechselte er 1964 zum FC Bayern, der in der Regionalliga Süd spielte, die damals noch direkt unterhalb der Bundesliga angesiedelt war. Auch der damalige Bundesligist, TSV 1860 München, war an Gerd Müller interessiert, kam aber den berühmten Schritt zu spät. Mit 33 Toren hatte Gerd Müller maßgeblichen Anteil an der Regionalliga-Süd-Meisterschaft des FC Bayern in der Saison 1964/65 und seine sechs Treffer in der Aufstiegsrunde waren mitentscheidend für den Aufstieg in die Bundesliga.

Mit dem FC Bayern wurde Gerd Müller vier Mal Deutscher Meister, 1969, 1972, 1973 und 1974 und war in diesen Spielzeiten auch Torschützenkönig sowie noch drei weitere Male. Sein Rekord von 40 Toren, aus der Saison 1971/72, ist bis heute noch nicht gebrochen. Auch vier Titel im DFB-Pokal stehen auf Müllers Erfolgsliste; dazu kommen noch drei Titel „Europapokalsieger der Landesmeister“, die heutige Champions League, und der Europapokalsieg der Pokalsieger – 1976 kam auch noch der Weltpokalsieg dazu. In 427 Bundesligaspielen für den FC Bayern erzielte er unglaubliche 365 Tore. Er erzielte sie mit beiden Füßen, mit dem Kopf, mit dem Po, eines sogar mit dem Bauch; er traf im Stehen, im Fallen, im Sitzen, ja sogar im Liegen. Gerd Müller war unberechenbar und erzielte sogar in Situationen Tore, in denen eigentlich gar keine Chance vorhanden war. Sepp Herberger, dem im Fußball bekanntlich nichts fremd war, sagte einmal: „Der Müller läuft oft falsch zum Ball, aber dann liegt plötzlich der Ball im Netz …“

Für die deutsche Nationalmannschaft bestritt der „Bomber der Nation“, wie er inzwischen genannt wurde, 1966 sein erstes Spiel. Da konnte er zwar noch keinen Treffer erzielen, aber bereits in seinem zweiten Länderspiel – gegen Albanien – schoss er vier Tore und war fortan aus der Nationalelf nicht mehr wegzudenken. 1972 wurde die DFB-Elf zum ersten Mal Europameister und im Finale, gegen die Sowjetunion, gelangen Gerd Müller zwei Treffer. Zwei Jahre später wurde Deutschland zum zweiten Mal Weltmeister und selbstverständlich hieß der Siegtorschütze – beim 2:1 über die Niederlande – Gerd Müller. Nach 62 Länderspielen, in denen er sagenhafte 68 Tore erzielte, beendete er seine Karriere in der Nationalmannschaft. Von diesen 68 Toren im DFB-Dress, gelangen ihm insgesamt 14 Treffer bei seinen beiden WM-Teilnahmen, 1970, als er auch Torschützenkönig der WM wurde, mit 10 Treffern, und 1974. Bis 2006, also 32 Jahre lang, hatte dieser Rekord Bestand, ehe Brasiliens Ronaldo ihn übertreffen konnte. Der wiederum wurde 2014 von Miroslav Klose als WM-Rekordtorschütze entthront.

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Seine Profikarriere beendete Gerd Müller 1981, in den USA bei den Fort Lauderdale Strikers, Florida, zu denen er 1979 gewechselt war. Er blieb mit seiner Familie noch einige Jahre in Fort Lauderdale, wo ihm ein Steakhouse gehörte und kehrte schließlich 1984 nach München zurück. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeigten sich bei ihm Symptome von Alkoholabhängigkeit, die zu gesundheitlichen Problemen führten. Mit Unterstützung des FC Bayern unterzog er sich einer Entzugskur, die so erfolgreich war, dass er keinen Tropfen Alkohol mehr anrührte. Danach arbeitete er im Trainerstab der zweiten Mannschaft des deutschen Rekordmeisters. Wohl bereits 2014 wurde bei Gerd Müller Demenz diagnostiziert, die 2015 öffentlich gemacht wurde; seitdem lebt er in einem Pflegeheim in der Nähe von München.

Wenige Tage vor seinem 75. Geburtstag wurde bekannt, dass es dem einstigen „Bomber der Nation“ gesundheitlich sehr schlecht geht und sich die Krankheit wohl im Endstadium befindet. Unter diesen Umständen „Alles Gute“ zu wünschen, verbietet sich beinahe. Dennoch werden am Dienstag, seinem 75. Geburtstag, unzählige Fußball-Fans aus aller Welt an ihn denken, das Beste für ihn hoffen und sich an seine Tore erinnern, die den Mannschaften, in denen er spielte, zahlreiche Titel bescherten und die ohne „kleines dickes Müller“, wie ihn sein erster Trainer beim FC Bayern, Zlatko „Tschik“ Cajkovski, liebevoll nannte, nicht errungen worden wären.

„Ohne die Tore von Gerd Müller stünde der FC Bayern heute nicht da, wo er ist“, sagte Franz Beckenbauer vor einigen Jahren über seinen ehemaligen Mannschaftskameraden. „Ohne Tore kannst du noch so gut spielen - du gewinnst aber nicht. Gerd Müller war in der Geschichte des Fußballs der Torgarant schlechthin. Durch seine Tore ist der FC Bayern erst in diese internationalen Sphären aufgestiegen, in denen er heute schwebt. Gerd Müller ist der Ursprung des heutigen FC Bayern!“ Wer mag Franz Beckenbauer da widersprechen?

Gerhard Mertin