Tag des alkoholgeschädigten Kindes am 9. September

Tag des alkoholgeschädigten Kindes am 9. September

Gesundheitsamt: Schon kleine Mengen Alkohol können Schäden beim ungeborenen Kind verursachen

Am 9. September ist der Internationale Tag des alkoholgeschädigten Kindes. Er macht auf die Gefahren durch Alkohol in der Schwangerschaft aufmerksam.

Noch immer ist nicht ausreichend bekannt, dass auch schon kleine Mengen Alkohol Schäden beim ungeborenen Kind verursachen können. Bis zu einem Drittel der Frauen in Deutschland trinkt während der Schwangerschaft Alkohol. Leider kann jedoch schon ein gelegentliches Glas Bier oder Wein das Ungeborene schädigen. Die einzige Möglichkeit, das Kind zu schützen ist, während der gesamten Schwangerschaft keinen Alkohol zu trinken, informiert das Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises, das auch für die Stadt Heidelberg zuständig ist, im Rahmen des Aktionstages.

Jährlich kommen in Deutschland etwa 12.000 Kinder mit teilweise schweren körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen zur Welt, die durch Konsum von Alkohol während der Schwangerschaft entstanden sind. Die Beeinträchtigungen, unter denen die betroffenen Kinder ihr Leben lang leiden, werden „Fetales Alkoholsyndrom“ bzw. FASD/FAS genannt. In Deutschland ist diese Schädigung durch Alkohol die häufigste angeborene Behinderung, wird jedoch häufig nicht direkt erkannt. Ein großes Problem ist die Tabuisierung des Themas FASD – betroffene Familien wollen häufig nicht wahrhaben, dass ihr Kind möglicherweise unter einer Alkoholschädigung leidet.

Schätzungen zufolge haben 90 Prozent der betroffenen Kinder keine oder eine falsche Diagnose, z. B. ADHS. Die Erkrankung kann unterschiedliche Ausprägungen haben, sie geht als hauptsächlich hirnorganische Störung aber über Konzentrationsstörungen und Lernschwierigkeiten hinaus. Oft treten begleitend Schwierigkeiten im sozialen Umfeld auf, da Verhalten und Gefühle nur unzureichend kontrolliert und Situationen und Entwicklungen schwer eingeschätzt werden können. Die Bewältigung des Alltags fällt sehr vielen Betroffenen so schwer, dass sie kein selbstständiges Leben führen können. Kommen Diagnose und damit zielgerichtete Hilfestellungen nicht oder sehr spät, besteht das Risiko, dass die Schwierigkeiten in der Bewältigung des täglichen Lebens in eine erhöhte Zahl straffälligen Verhaltens münden.

Nicht nur Eltern, sondern auch Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen, Schulen, Jugendämtern usw. sollten bei Verdacht auf eine Schädigung durch Alkohol dafür sorgen, dass eine entsprechende Diagnostik durchgeführt wird, rät die Behörde. Zunächst sollte ein Kinder- und Jugendarzt aufgesucht werden, der das betroffene Kind nach einer ersten Inaugenscheinnahme an eine auf Diagnose und Therapie von FASD spezialisierte Einrichtung überweist. Im Heidelberger Universitätsklinikum gibt es eine solche Ambulanz für Fetale Alkoholstörungen, im Mannheimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) gibt es eine Sprechstunde für Erwachsene mit FASD.

Kinder mit einem Fetalen Alkoholsyndrom genießen ebenso wie mit einer anderen Behinderung geborene Kinder einen besonderen Schutz durch die UN-Behindertenrechtskonvention und haben daher Anspruch auf gezielte Fördermaßnahmen. Damit diese mit Erfolg eingesetzt werden können, sollte die Alkoholschädigung so früh wie möglich erkannt werden.

„In unserer Gesellschaft ist Alkohol legal, sozial anerkannt und gehört für viele Menschen in Alltagssituationen, beim Treffen mit Freunden, Kollegen und bei Feierlichkeiten dazu. Wer keinen Alkohol trinkt, muss sich fast immer rechtfertigen. Häufig wird sogar mehr oder weniger eindringlich auf die betreffende Person eingewirkt, damit diese mittrinkt. Und auch wenn Schwangerschaft ein gesellschaftlich akzeptierter Grund ist, auf Alkohol zu verzichten, wollen Frauen aus verschiedensten Gründen nicht immer eine mögliche Schwangerschaft offenbaren. Unabhängig vom gesellschaftlichen Druck gibt es viele Gründe, warum Frauen in der Schwangerschaft Alkohol konsumieren: In den ersten Wochen wissen viele Frauen noch nicht, dass sie schwanger sind, oder die sind sich der Gefahren für das ungeborene Kind nicht bewusst“, so die stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamtes, Dr. Anne Kühn.

Manche Frauen befänden sich auch in einer schwierigen Situation und schafften es aufgrund psychischer oder/und körperlicher Alkoholabhängigkeit nicht, keinen Alkohol zu trinken. Hinzu kämen häufig starke Schuld- und Schamgefühle. In dieser Situation sei es sehr wichtig, Hilfe z. B. beim Hausarzt oder den Suchtberatungsstellen in Heidelberg und in den Gemeinden im Rhein-Neckar-Kreis (Leimen, Sinsheim, Schwetzingen, St. Leon-Rot, Walldorf, Weinheim und Wiesloch) zu suchen. Die Beratung ist anonym, kostenlos und kann auch dann in Anspruch genommen werden, wenn Frauen in der Schwangerschaft Unterstützung beim Verzicht auf Alkohol benötigen.

Die Anschriften der Suchtberatungsstellen in der Region können auf der Website des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis abgerufen werden:
www.rhein-neckar-kreis.de/suchtberatungsstellen