46. Fachtagung Holzbau Baden-Württemberg 2024 am 17.09.2024 in Stuttgart informierte hochkarätig

In Stuttgart fand am 17. September 2024 das Branchenevent für holzbauinteressierte Architekten, Ingenieure und Fachplaner statt. Organisiert wurde der Branchentag durch proHolz Baden-Württemberg und die Hochschule Biberach. Hochkarätige Referenten gaben Einblicke in die Innovationen des Holzbaus. Zudem gab es parallel zur 46. Fachtagung Holzbau eine Fachmesse. Zu den vorgestellten Projekten gehörte neben Deutschlands höchstem Holzhochhaus roots in Hamburg auch das GBG Holzhaus im Mannheimer Franklin-Quartier.

Uwe André Kohler, proHolzBW GmbH und Willi Mayer, Willi Mayer Holzbau GmbH & Co. KG begrüßten die Gäste. Danach stellte Uwe Sachse, Hochschule Albstadt-Sigmaringen den Zukunftskompass 2050 vor. Frank Hettler, Zukunft Altbau (KEA Klimaschutz- und Energieagentur BW), informierte über die Rolle der energetischen Förderung bei Bestandsgebäuden und Neubauten.

Dem folgte die Vorstellung von Deutschlands höchstem Holzhochhaus, dem Roots in Hamburgs HafenCity. Es berichteten zur Architektur Uta Meins, Störmer Murphy and Partners GbR, zum Tragwerk Andreas Wemmer, Assmann Beraten + Planen GmbH, zum Thema Brandschutz Lisa Ansel, Hahn Consult GmbH und zum Holzbau Oliver Fried, Rubner Holzbau GmbH wie die Herausforderungen gemeistert wurden. Der Bau wurde aus 2.770 vorgefertigten Holzbauelementen errichtet, hat eine Gesamthöhe von 72 m und besteht aus 20 Nutzgeschossen, davon 16 in Holzbauweise.

Unter dem Stichwort „Ingenieurwesen Intensiv“ konzentrierte sich Dr. Patricia Hamm, Hochschule Biberach, auf das Thema Schwingungen von Decken im Holzbau mit Blick auf den neuen EC5.

„Architektur Intensiv“: Holzbaugerechtes Entwerfen, das war das Spezialgebiet von Univ. Prof. Arch DI Hermann Kaufmann, HK Architekten, unter anderem das Gebäude der Illwerke vorstellte. Das Illwerke Zentrum Montafon, Vadans wurde bereits 2013 fertiggestellt und war mit über 10.000 m² Nutzfläche das größte Bürogebäude aus Holz in Mitteleuropa. Er betonte in seinem Vortrag, dass man das bisherige Bauen nicht einfach eins zu eins in Holzbauweise umsetzen könne, sondern man müsse eine „holzbaugerechte Sprache“ entwickeln und ganz wichtig sei, dass nach der Klärung der Frage, ob die Grundvoraussetzungen für einen Holzbau vorhanden sind, die Holzbauingenieure bei solchen Projekten von Anfang an eingebunden sein sollten, ungünstig sei die späte Einbindung der Holzbaukompetenz. Es sei Team-Work und verlange Disziplin, aber CAD erleichtere heute alles im Gegensatz zu früher und gerade die Möglichkeit zu umfassender Vorfertigung sei eine Besonderheit im Holzbau.

Beim GBG Holzhaus Franklin, Mannheim, das im Zuge der Bundesgartenschau 2023 errichtet wurde, beschrieben für die Architektur Leonhard Grosswendt, Motorlab Architekten, (Foto rechts) und für das Tragwerk, Brandschutz und Bauphysik Dr. Heinz Pape, bauart Konstruktions GmbH & Co. KG, (Foto links) welchen Herausforderungen sie sich beim Entstehungsprozess dieses Gebäudes stellten. Das viergeschossige Mietgebäude der GBG Wohnbaugesellschaft bietet 32 Wohneinheiten im Mannheimer Franklin-Quartier in Gebäudeklasse 4 im KFW 55 Energiestandard.

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GBG Holzhaus Franklin, Mannheim:
für die Architektur Leonhard Grosswendt, Motorlab Architekten, (Foto rechts) und für Tragwerk, Brandschutz und Bauphysik Dr. Heinz Pape, bauart Konstruktions GmbH & Co. KG, (Foto links) 


Carmen Mundorff, Architektenkammer Baden-Württemberg, stellte die bereits am 2. Mai 2024 in Friedrichshafen beim D-A-CH übergreifenden Fachkongress der Holzbau-Offensive Baden-Württemberg „Drei Länder, eine Mission: Klimagerechte Holzbau-Kultur“ ausgezeichneten Gewinner des Holzbaupreis Baden-Württemberg 2024 vor, die mit Holzbau beispielhaft die vielfältigen anstehenden Bauaufgaben lösen, bezahlbares Wohnen, Bestandserhalt, aber auch Nachverdichtung und Modernisierung. Der Wettbewerb war bereits zum 15. Mal unter dem Dach der baden-württembergischen Holzbau-Offensive und der Schirmherrschaft des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz ausgelobt worden. Unter den Gewinnern war auch das Collegium Academicum Heidelberg.

Univ. Prof. Arch. mag. arch. Juri Troy widmete sich dem Thema „Holzbau – ganzheitlich anders“ und betonte, dass das Bauen mit Holz einer langen Tradition folge und in den letzten Jahrzehnten eine neue Renaissance erlebt habe durch ein „verstärktes Bewusstsein für ökologisches Bauen“, aber auch durch " die Notwendigkeit des Erreichens von Klimazielen angetriebene Entwicklung“. Durch die ganz spezifischen Eigenschaften des Rohstoffs Holz mit all den Regeln, die er vorgibt, müsse man „das Bauen an sich neu denken, um wieder zu einer ganzheitlich gedachten und gelebten Baukultur zu gelangen“. Wir seien gezwungen die Denkmuster unseres bisherigen Handelns zu hinterfragen, denn, so Troy: „Von der ersten Entscheidung eines Konstruktionsprinzips bis zum letzten Detail verlangt der Holzbau nach einer ganzheitlichen Betrachtung deren Logik sich in jedem einzelnen Teil widerspiegelt.“ Noch immer sei das Denken in Massivhauslogik weit verbreitet, vielerorts fehle es an direkter Erfahrung im Holzbau. Auch werde bei Gegenüberstellungen die deutlich kürzere Bauzeit nur selten einbezogen.

Peter Hauk, Minister für Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Baden-Württemberg (Foto) sagte in seinem Grußwort: „Baden-Württemberg ist Waldland und muss deshalb ein zentraler Akteur für Holzbau sein. Der Klimawandel erfordert rasches und entschlossenes Handeln. Der moderne Holzbau liefert dafür konkrete und wichtige Beiträge, denn er nutzt unsere Wälder als echte Multitalente. Sie sind nicht nur Lebens- und Erholungsraum für uns Menschen, sondern auch Klimaretter und Holzversorger in der Baubranche. Gebäude aus Holz speichern aktiv CO über mehrere Jahrzehnte hinweg. Dabei bietet der Holzbau nicht nur ökologische Vorteile, sondern schafft auch architektonisch ansprechende, technisch hochwertige und behagliche Gebäude. Zudem bietet die gesamte Wertschöpfungskette vom Forst über die Holzverarbeitung bis hin zur Baubranche durch die Schaffung zahlreicher Arbeitsplätze enormes Potenzial für unsere heimische Wirtschaft. Mit dem modernen Holzbau hat Baden-Württemberg als Waldland beste Chancen, das gesamte ökologische, architektonische sowie ökonomische Potenzial des Rohstoffs Holz zu heben". Minister Hauk betonte: „Mit unserer Holzbau-Offensive haben wir in Baden-Württemberg klare Zeichen gesetzt. Wir haben Maßnahmen ergriffen, um den Einsatz von Holz im Bausektor zu fördern und gleichzeitig die Ausbildung und Forschung in diesem Bereich voranzutreiben. Eines unserer Ziele ist es, den Anteil von Holztragwerken bei staatlichen Bauvorhaben zu steigern. Mittlerweile wird bereits rund die Hälfte der Landesbauten in Holzbauweise errichtet und wir arbeiten daran, diesen Anteil weiter zu erhöhen.“

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Peter Hauk, Minister für Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Baden-Württemberg

Bislang wurden in Baden-Württemberg fünf Professuren für den Holzbau initiiert und eine Bildungsoffensive gemeinsam mit der Architektenkammer und Ingenieurkammer aufgesetzt. Das Bildungsportal ,Auf Holz Bauen‘ wurde gestartet und hierüber konnten bereits über 25.000 Fachplaner geschult werden.

Text und Foto: Diana und Elisabeth Rasch

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